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03.11.2020

Coronavirus – Allgemeinverfügung zur Beschränkung des Betriebes in Kindertageseinrichtungen mit offenen Betreuungskonzepten und/oder Randzeitenbetreuung

Der Landkreis Ammerland erlässt gemäß § 18 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 (Nds. GVBl. 2020, S. 368) folgende Allgemeinverfügung:

1. In Kindertageseinrichtungen sind offene Gruppenkonzepte sowie die Durchmischung von Gruppen nicht zulässig.

2. Die Kinder sind ausschließlich in festgelegten Gruppen zu betreuen, die sich hinsichtlich der höchstens zulässigen Zahl der in einer Gruppe betreuten Kinder nach den Allgemeinen Vorgaben des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder und der Verordnung über Mindestanforderungen an Kindertagesstätten richtet.

3. Jeder Gruppe sind von bestimmte Räumlichkeiten zuzuordnen; die Nutzung einer gruppenübergreifend vorgehaltenen Räumlichkeit oder des Außengeländes der Einrichtung ist möglich, wenn die Räumlichkeit oder das Außengelände zeitgleich immer nur durch eine Gruppe genutzt wird. Die Nutzung durch mehrere Gruppen ist bei ausreichend großen Außenflächen möglich, auf denen eindeutig abgrenzbare Spielbereiche für einzelne Gruppen geschaffen werden, die eine Durchmischung von zeitgleich in einer Kindertageseinrichtung betriebenen Gruppen wirksam unterbinden.

4. Das Personal der Kindertageseinrichtung ist grundsätzlich nur in einer bestimmten Gruppe tätig. Ist eine Tätigkeit in mehr als einer Gruppe ausnahmsweise unvermeidlich, hat das Personal einen Mund-Nase-Schutz mit dem Standard FFP2 zu tragen.

5. Diese Allgemeinverfügung tritt am 4. November 2020 in Kraft und gilt bis zum Zeitpunkt ihrer Aufhebung, jedoch längstens bis zum Ablauf des 30. November 2020.

6. Diese Allgemeinverfügung ist gemäß § 28 Abs. 3 in Verbindung mit § 16 Abs. 8 Infektionsschutzgesetz (IfSG) sofort vollziehbar.


Begründung
Das Land Niedersachsen hat als Verordnungsgeber in § 18 der Niedersächsischen Corona-Verordnung die örtlich zuständigen Behörden ermächtigt, weitergehende Anordnungen zu treffen, soweit es im Interesse des Gesundheitsschutzes erforderlich ist. 

In jüngster Vergangenheit mussten im Landkreis Ammerland mehrere Kindertageseinrichtungen mit sog. Offenen Betreuungskonzepten, die einen Kontakt von Kindern und Betreuungspersonal unterschiedlicher Gruppen zulassen, geschlossen werden. Alle Kinder sowie das gesamte Betreuungspersonal mussten in häuslicher Quarantäne isoliert werden, da eine verfeinerte Kontaktnachverfolgung im Rahmen eines offenen Betreuungskonzeptes durch das Gesundheitsamt nicht mehr möglich war. Die nicht mehr effektiv durchführbare Kontaktnachverfolgung ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass weder die Kinder bzw. die Eltern der Kinder noch das Betreuungspersonal im Rahmen der Kontaktnachverfolgung konkrete Angaben machen konnten, zu welchen Kindern und zu welchen Betreuern die infizierte Person Kontakt hatte. Eine komplette Schließung der Einrichtung war damit unausweichlich.

Dies hat einerseits zu einem empfindlichen Verlust von Betreuungskapazitäten mit allen Folgen für die betroffenen Familien geführt und zum anderen eine erhebliche zusätzliche Erschwernis der Kontaktnachverfolgung zur Folge gehabt, durch die eine weitere Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus durch die Gesundheitsbehörde nicht mehr wirksam und zugleich unter Berücksichtigung des geringsten Eingriffs unterbunden werden kann.

Die kurz- oder mittelfristige Folge ist eine stetige bis exponentielle Zunahme des Infektionsgeschehens, bis die in § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der Nds. Corona-Verordnung genannte 7-Tage-Inzidenz von 100 erreicht wird. Der Landkreis Ammerland sieht es zum Schutz der Bevölkerung vor einer weiteren Verbreitung des Virus als unvertretbar an, zunächst bis zum Erreichen dieser Inzidenz abzuwarten. Auch eine andere in § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Nds. Corona-Verordnung genannte Infektionsschutzmaßnahme scheidet als milderes Mittel aus, da keine weiteren wirksamen und auch tatsächlich umsetzbaren Maßnahmen als die ohnehin schon ergriffenen zur Verfügung stehen, die geeignet sind, das beschriebene Ziel zu erreichen. Weder das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung noch die Wahrung des Abstandes von 1,5 Metern sind geeignet, gruppenübergreifende Infektionen vollständig auszuschließen. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass bei Kindern unter 12 Jahren eine Abstandpflicht durch § 2 Abs. 3 Nr. 2 der Nds. Corona-Verordnung ohnehin explizit ausgeschlossen worden ist und in der Umsetzung und Überwachung auch nicht durchsetzbar ist. Es liegt in der Natur des Kindes mit anderen Kindern ohne Wahrung des Abstandes zu spielen. Auch wird es einem Kind nicht abverlangt werden können, während der Dauer der Betreuung ohne Unterbrechung einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.

Der Landkreis Ammerland sieht sich daher in der Verpflichtung, zur Vermeidung der kompletten Schließung von Kindertageseinrichtungen vorgenannte Maßnahmen im Wege der Allgemeinverfügung anzuordnen. Dies entspricht auch dem Gedanken des § 18 Satz 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung, wonach bei Anordnungen, die Kindertageseinrichtungen betreffen, vorrangig Maßnahmen in Betracht zu ziehen sind, die ein Aufrechterhalten des Betriebes ermöglichen.

Nur durch eine Trennung der Kinder und des Personals in einzelne Gruppen kann im Falle eines Infektionsgeschehens innerhalb der Einrichtung zumindest ein Teilbetrieb der Einrichtung aufrechterhalten werden. Auch wird auf diese Weise sichergestellt, dass sich das Virus nicht unbemerkt weiter oder nur innerhalb des bestehenden Gruppenverbandes verbreiten kann, da gerade Kinder selten Symptome aufweisen. Es besteht auch die Gefahr, dass im Falle einer kompletten Schließung die Betreuung von Kindern, deren Eltern berufstätig sind, nicht selten auch zulässigerweise durch Großeltern wahrgenommen wird, die wiederum jedoch im Regelfall aufgrund der Altersstruktur der Gruppe der Risikopatienten zuzuordnen sind. Durch eine Infektion gerade dieser Risikogruppe ist die Inanspruchnahme der begrenzten Kapazitäten der Gesundheitseinrichtungen nicht mehr auszuschließen, wodurch das Gesundheitssystem überlastet wird.

Sollte die Betreuung der Gruppen ausnahmsweise durch gruppenübergreifendes Personal notwendig werden, etwa in Folge von krankheitsbedingtem Ausfall von Betreuungspersonen, haben diese in diesem Ausnahmefall zwingend durchgängig einen Mund-Nasen-Schutz nach dem Standard FFP2 zu tragen. Eine einfache Mund-Nasen-Bedeckung (sog. Alltagsmaske) reicht hierfür ausdrücklich nicht aus, da dies bei Auftreten einer Corona-Infektion in einer Gruppe eine Isolierung als Kontaktperson erforderlich macht.

Diese Allgemeinverfügung gilt auch für die Randzeitenbetreuung (Früh- bzw. Spätgruppen), da dort die gleiche Problematik besteht wie bei offenen Gruppen. Auch aus diesen Gruppen wechseln Kinder in andere (Tages)-Gruppen.

Die Anordnung eines eingeschränkten Betriebes ist im Interesse des Gesundheitsschutzes nach § 18 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung erforderlich. Würden die Maßnahmen nicht ergriffen werden, wäre eine effiziente Kontaktnachverfolgung in Bezug auf diese Einrichtungen nicht mehr möglich bzw. ginge dies aufgrund des damit verbundenen Zeitaufwandes auch zu Lasten der Kontaktnachverfolgung anderer Infizierter. In vielen anderen Gesundheitsämtern in Niedersachsen ist aufgrund der hohen Anzahl von Infizierten und Kontaktpersonen schon jetzt eine vollumfängliche Isolation sämtlicher Kontaktpersonen nicht mehr gewährleistet, sodass eine weitere Ausbreitung des Virus unvermeidlich ist. Der Landkreis Ammerland hält es vor diesem Hintergrund für nicht vertretbar, das Inkrafttreten der Anordnungen von der in § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung genannten 7-Tage-Inzidenz abhängig zu machen.

Die Allgemeinverfügung tritt am 4. November 2020 in Kraft und gilt bis zum Ablauf des 30. November 2020, da davon ausgegangen wird, dass mit Inkrafttreten der Nds. Corona-Verordnung in der derzeit geltenden Fassung das Pandemiegeschehen bis zum Fristende insoweit wieder kontrollierbar ist, dass weitergehende Anforderungen dann nicht mehr erforderlich sind. Der Landkreis Ammerland behält sich eine Verlängerung dieser Allgemeinverfügung jedoch ausdrücklich vor.

Die sofortige Vollziehung bedarf keiner gesonderten Anordnung, sondern resultiert aus § 28 Abs. 3 in Verbindung mit § 16 Abs. 8 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Eine Klage gegen diese Allgemeinverfügung hat daher keine aufschiebende Wirkung.

Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Oldenburg, Schlossplatz 10, 26122 Oldenburg, erhoben werden.

Hinweis
Auf Antrag kann das Verwaltungsgericht Oldenburg die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ganz oder teilweise wieder herstellen.


Jörg Bensberg
Landrat