Endlager für hochradioaktive Abfälle
Im Jahr 2017 startete in Deutschland die neue Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle. Die Endlagersuche hat das Ziel, einen Standort in Deutschland für die Tiefenlagerung der hochradioaktiven Abfälle zu finden, der für eine Million Jahre die bestmögliche Sicherheit bietet. Zurzeit wird der Atommüll in einem Zwischenlager gelagert, welches aber nicht auf Dauer genutzt werden kann.
Ein Großteil der radioaktiven Abfälle entstand und entsteht in Atomkraftwerken. Mit der Abschaltung des letzten Atomkraftwerks in 2023 sind um die 1.750 Behälter mit hochradioaktiven Abfällen angefallen. Sie bestehen zu einem Großteil aus verbrauchten Brennelementen. Diese werden auch in 100.000 Jahren so stark strahlen, dass die Umwelt davor geschützt werden muss. Für die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle gibt es in Deutschland bereits ein genehmigtes Endlager, welches in den 2030er in Salzgitter in Betrieb gehen soll. Für den hochradioaktiven Atommüll wird derzeit noch ein Endlagerstandort gesucht.
Für die Suche nach einem Endlager ist die Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE) zuständig. Das bundeseigene Unternehmen führt als Vorhabenträger die Erkundungsarbeiten durch, erarbeitet Entscheidungsvorschläge und informiert über seine Arbeiten und Ergebnisse.
Gesucht wird im tiefen Untergrund von Deutschland in Gesteinslagen, denn die tiefengeologische Lagerung der hochradioaktiven Abfälle bietet nach aktuellem Kenntnisstand die sicherste Methode. Die Einlagerung soll in sog. Wirtsgesteinen erfolgen. Die drei potenziell geeigneten Wirtsgesteinstypen für die Endlagerung sind Steinsalz, Tongestein und Kristallingestein. Diese verfügen über Eigenschaften, die eine Ausbreitung von radioaktiven Stoffen möglichst dauerhaft verhindern.
Der Ort mit der bestmöglichen Sicherheit soll bis 2031 bestimmt werden. Die Suche nach einem Endlagerstandort ist kriterienbasiert. Die Ausschlusskriterien, die Mindestanforderungen und die Abwägungskriterien ergeben sich aus dem Standortauswahlgesetz (StandAG) und diese bleiben für alle drei Wirtsgesteine gültig.
Das Standortauswahlverfahren gliedert sich in drei Phasen. Aktuell befinden wir uns in der ersten Phase des Verfahrens. In dieser Phase sammelt die BGE geologische Daten der Bundesländer und wertet diese aus. Am 28. September 2020 veröffentlichte die BGE den sogenannten Zwischenbericht Teilgebiete. Darin wird sichtbar, welche Gebiete aus Sicht des Unternehmens aufgrund ihrer geologischen Eignung möglicherweise in Frage kommen. In diesem Bericht werden 90 Teilgebiete mit einer Gesamtfläche von 194.000 km² als geologisch grundsätzlich geeignete Regionen ausgewiesen. Das entspricht 54 Prozent der Landesfläche der Bundesrepublik Deutschland. Auch im Landkreis Ammerland befinden sich entsprechende Gebiete. Der Bericht stellt allerdings keine endgültige Festlegung dar, dies geschieht erst am Ende der gesamten Suche.
Am Ende der ersten Phase übermittelt die BGE einen Vorschlag für übertätig zu erkundende Standortregionen an das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE). Das BASE überwacht das Auswahlverfahren und ist Verfahrensführer für die Öffentlichkeitsbeteiligung. Das BASE prüft den übermittelten Vorschlag und richtet in jeder vorgeschlagenen Region eine Regionalkonferenz ein. Am Ende der Beteiligung und Überprüfung übermittelt das BASE den Vorschlag an die Bundesregierung. Welche Gebiete erkundet werden sollen, entscheiden dann die gewählten Volksvertreter/innen des Bundestags per Gesetz. Mit der Veröffentlichung des Zwischenberichts fand das gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsformat für die Öffentlichkeit, die Fachkonferenz Teilgebiete, statt. Das Ziel einer breiten Öffentlichkeitsbeteiligung ist es, einen möglichst großen gesellschaftlichen Konsens über den Endlagerstandort zu ermöglichen. Die Fachkonferenz richtet sich an Bürger/innen, Kommunen, gesellschaftliche Organisationen und Wissenschaftler/innen, die sich auf verschiedene Art und Weise in den Auswahlprozess einbringen können. Es erfolgten drei Beratungstermine, auf welchen der Zwischenbericht zur Diskussion stand. Nach Abschluss der Beratungen wurden die Ergebnisse an die BGE übermittelt, die diese wiederum bei ihrer weiteren Arbeit zu berücksichtigen hat.
In der zweiten Phase finden die übertägigen Erkundungen in den Standortregionen statt. Dort untersucht die BGE den Untergrund durch Erkundungsbohrungen und seismische Messungen. Dadurch erhält die BGE ein genaues Bild der Geologie. Auf dieser Basis schlägt sie vor, welche Standorte in der dritten Phase untertägig erkundet werden sollen. Auch hier prüft das BASE den Vorschlag.
In der dritten Phase erfolgt eine untertägige Erkundung von mindestens zwei Standorten durch die BGE. Geologen/innen untersuchen mit Bohrungen und anderen Methoden das Gestein. Auf Grundlage einer vergleichenden Bewertung der Erkundungsdaten legt die BGE mbH einen Standortvorschlag vor. Das BASE bewertet die Ergebnisse aus den Untersuchungen sowie aus dem Beteiligungsverfahren und schlägt den bestmöglich sicheren Endlagerstandort vor. Über den Standort entscheidet abschließend der Bundestag per Gesetz.
Der Landkreis Ammerland hat 2023 ein durch das Land Niedersachsen gefördertes Gutachten an das Planungsbüro Terra Geoservice GmbH aus Worms in Auftrag gegeben, das den vorliegenden Zwischenbericht der BGE für das Landkreisgebiet überprüft und bewertet hat. Das Gutachten wurde im Spätsommer 2024 fertiggestellt. Ziel dieses Gutachtens ist zum einen eine Plausibilitätsprüfung durchzuführen, welche die Vorgehensweise und die Bewertungsergebnisse der BGE anhand verfügbarer Daten unter Abgleich mit den StandAG-Vorgaben beurteilt. Zum anderen erfolgt eine Sichtung und Interpretation von geowissenschaftlichen Primärdaten, die speziell beim Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LEBG) angefordert wurden, und letztlich wird eine zusammenfassende Bewertung sowie Empfehlung für das zukünftige Beteiligungsverfahren gegeben.
Im Ergebnis lassen sich dem Fachgutachten folgende Aussagen entnehmen:
- Die Vorgehensweise und Bewertungsergebnisse der BGE, die in 2020 zur Ausweisung der 5 Teilgebiete im Landkreis Ammerland führte, entsprechen den Vorgaben des StandAG (Plausibilitätsprüfung).
- Hinsichtlich der Qualitätseinstufung der ausgewiesenen Teilgebiete in Bezug auf die zukünftige Eignung als mögliche Standortregionen wird die Prognose abgegeben, dass die 4 Teilflächen im Tongestein höchstwahrscheinlich seitens der BGE abgewertet und aus dem weiteren Verfahren ausscheiden werden. Der “Salzstock Zwischenahn“ zählt zu den 3-5 größten Salzstrukturen in Norddeutschland und hat aufgrund seines Ausmaßes grundsätzlich das Potenzial für größere Homogen-Bereiche mit reinem Steinsalz. Gleichfalls, das gilt für viele Salzstöcke, besteht derzeit noch eine schlechte geowissenschaftliche Datenlage (fehlende 3D-Seismik und wenig Bohrungsinformationen), sodass angenommen wird, dass dieser Teilbereich zunächst weiter im Fokus bleiben wird.
Am 4. November 2024 veröffentlichte die BGE aktuelle Arbeitsstände in 13 der 90 Teilgebiete. Für die 5 Teilgebiete im Landkreis Ammerland liegen noch keine Arbeitsstände vor. Mit Hilfe des BGE Endlagersuche Navigator auf der Homepage der BGE können die Arbeitstände, die einmal jährlich im Herbst aktualisiert werden, verfolgt werden.
Wir werden Sie hier weiter informieren, wenn weitere Erkenntnisse vorliegen.
Weitere Informationen
- Infoplattform zur Endlagersuche (Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE))
- Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE)
- Vortrag: Endlagersuche - Wie geht das? (BGE)
- Begleitforum Endlagersuche
- Infobrief Kommunen (BASE)
- Endlagersuche Navigator (BGE)